Wir waren in 2024 in Apulien und haben das Land ins Herz geschlossen – die sanften Hügel, die endlosen Olivenhaine und die unglaublich warmherzige Gastfreundschaft. Doch auf unserer Reise sind uns immer wieder schwarze, kahle Baumstämme aufgefallen. Was aussieht wie eine Szene aus einem postapokalyptischen Film, ist in Wahrheit das traurige Werk von Xylella fastidiosa, einem Bakterium, das Apuliens Olivenhaine seit Jahren langsam sterben lässt.
Eine Epidemie, die das Landschaftsbild verändert
Vor allem im Süden Apuliens, auf der Halbinsel Salento, sind die Schäden bereits enorm. Wo einst jahrhundertealte Bäume mit knorrigen Stämmen standen, ragen heute oft nur noch tote Überreste in den Himmel. Die Krankheit, die als Complesso del disseccamento rapido dell’olivo (CoDiRo) bekannt ist, breitet sich weiter aus und erreicht mittlerweile auch die Provinzen Bari und Tarent. Mehr als 21 Millionen Bäume sind betroffen – eine ökologische und wirtschaftliche Katastrophe.
Woher kommt das Bakterium und wie verbreitet es sich?

Die Verbreitung erfolgt hauptsächlich durch die Wiesenschaumzikade (Philaenus spumarius), ein kleines Insekt, das sich von Pflanzensäften ernährt. Beim Saugen an infizierten Pflanzen nimmt die Zikade das Bakterium auf und überträgt es anschließend auf gesunde Bäume.
Einmal infiziert, verstopft das Bakterium die Leitungsbahnen der Pflanzen, wodurch sie langsam vertrocknen und schließlich absterben. Die rasche Ausbreitung und das Fehlen einer wirksamen Bekämpfung machen Xylella fastidiosa zu einer der größten Bedrohungen für die Olivenwirtschaft in Südeuropa.
Xylella fastidiosa befällt nicht nur Olivenbäume
Wissenschaftler der EFSA haben insgesamt 563 (!) Pflanzenarten identifiziert, die als Wirtspflanzen dienen können. Dazu gehören neben Olivenbäumen auch Weinreben, Zitrusfrüchte, Pfirsich-, Kirsch- und Mandelbäume sowie Rosmarin und sogar Kaffeepflanzen. Damit bedroht das Bakterium nicht nur Apuliens Landschaft, sondern auch weite Teile der Landwirtschaft in Südeuropa.
Ein Problem, das die Menschen trifft
Nicht nur die Natur leidet, sondern auch die Menschen, die von ihr leben. Selbst in unserem Agrotourismo ist die Besitzerin betroffen und war sichtlich berührt davon, dass ihre Bäume sterben. Vor allem Olivenbauern und Olivenölproduzenten sind massiv betroffen. Die Olivenhaine sind teils seit Jahrhunderten in Familienbesitz und die eigenen Bäume vielleicht sogar präventiv töten zu müssen, ist hart.
Die wirtschaftlichen Folgen sind enorm: Als eine der wichtigsten Olivenöl-Regionen der Welt, hat Apulien bereits drastische Ernteausfälle verzeichnet. Viele Bauern stehen vor dem finanziellen Ruin, da ihre jahrhundertealten Bäume absterben und die Neuanpflanzung resistenter Sorten wie Leccino oder Favolosa (FS-17) Jahre dauert, bis sie rentabel wird. Die Produktion von Olivenöl, einem der wichtigsten Exportgüter der Region, ist massiv zurückgegangen. Das erhöht auch die Preise für uns als Konsumenten spürbar. Und wie gesagt, sogar Winzer und Zitrusfruchtbauern sind durch Ernteausfälle betroffen.
Kampf gegen die Seuche
Wissenschaftler und Landwirte arbeiten an Lösungen – von Insektenbekämpfung (da sich das Bakterium über Zikaden verbreitet) bis zur Neupflanzung resistenter Sorten. Doch das eigentliche Problem bleibt: Ein Heilmittel gegen die Krankheit gibt es bisher nicht.
Besonders tückisch ist, dass infizierte Pflanzen anfangs kaum Symptome zeigen. Dadurch wird die Krankheit oft erst spät entdeckt – zu spät, um eine gezielte Eindämmung zu ermöglichen. In vielen Fällen bleibt nur eine drastische Lösung: die vollständige Rodung ganzer Haine, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
